Tansania ✛
Reinier de Blois arbeitet gemeinsam mit dem Team an der Übersetzung
in die Sprache Kaguru.
die Bibel aktuell | 7
Den Namen Gottes übersetzen
Die Bibelgesellschaft in Tansania arbeitet an zehn verschiedenen Übersetzungen. Reinier de Blois
ist Übersetzungsberater beim Weltbund der Bibelgesellschaften. Er erklärt, wie beispielsweise
das Volk der Kaguru den Namen Gottes in seiner Sprache wiedergibt.
Gott hat im Alten Testament viele verschiedene Namen.
Unter den häufi gsten befi nden sich Adonai (Herr, Meister),
Elohim (Gott) und das sogenannte Tetragramm. Dies
ist ein rätselhaft er Name, der aus den vier Konsonanten
JHWH besteht und Gottes Namen repräsentiert. Die jüdische
Gemeinschaft befand diesen Namen für so heilig,
dass sie sich entschloss, ihn nicht auszusprechen. Heute
ist man daher nicht sicher, wie dieser Name klang. Die
Bedeutung von JHWH wurde nie mit absoluter Sicherheit
erkannt, aber sie ist üblicherweise mit dem Wort „sein“
verbunden. Eine der möglichen Übersetzungen ist: „Er ist“.
Die Auslegung wird durch die Bibel bestätigt, in der Gott
sich seinem Volk mit den Worten „Ich bin der ‚Ich-bin-da‘“
(2.Mose/ Exodus 3,14, Einheitsübersetzung 1980) vorstellt.
Das Tetragramm übersetzen
Die jüdischen Schrift gelehrten wollten, dass die Leser des
hebräischen Textes „JHWH“ als „Adonai“ lesen, was zu
Verwirrungen führte, denn es wurde für die Zuhörenden
schwierig, zwischen den beiden Namen zu unterscheiden.
Die Verwirrung wuchs, als die Bibel in andere Sprachen
übersetzt wurde. Viele englische Übersetzungen wollten
die jüdischen Traditionen respektieren und übersetzten
beide Namen mit „Herr“. Um dem Lesenden zu helfen,
die beiden Namen zu unterscheiden, beschloss man, sie
verschieden zu schreiben: „JHWH“ wurde zu „HERR“ (in
Großbuchstaben) und „Adonai“ zu „Herr“ (Groß- und
Kleinbuchstaben). Dieser Brauch fand auch Eingang in
andere Sprachen, zum Beispiel in Swahili. Die „Swahili
Union Bible“, die üblicherweise von Kirchen verwendet
wird, verwendet für „JHWH“ das Äquivalent „BWANA“
und für „Adonai“ „Bwana“. Eine andere Swahili-Übersetzung
namens „Habari Njema“ (Gute Nachricht) hat jedoch
diese Tradition abgeschafft und übersetzt das Tetragramm
mit „Mwenyezi-Mungu“, ein beschreibender Name, den
man mit „allmächtiger Gott“ übersetzen kann.
Viele Verantwortliche für Übersetzungsprojekte in die
einheimischen Sprachen in Tansania haben zunächst beabsichtigt,
es der „Swahili Union Bible“ gleich zu tun, was
zu Recht hinterfragt werden kann. Immerhin kann die
Unterscheidung der zwei Namen nur von denen wahrgenommen
werden, die lesen können. Diejenigen, die Gottes
Wort hören, sind dazu nicht in der Lage. Das bedeutet,
dass die Schönheit des Urtextes an Klarheit verliert. Der
Name Gottes, der seine ewige und unfehlbare Gegenwart
in seinem Volk bezeichnet, verschwindet im Hintergrund.
„Er, der die Bäume beschneidet“
Ich habe als Übersetzungsberater versucht, die einheimischen
Übersetzenden in Tansania davon zu überzeugen,
dem Beispiel der „Habari Njema“-Übersetzung zu folgen
und nach einer Alternative für die Übersetzung des Tetragramms
zu suchen. Die Übersetzer in die Sprache Kaguru
beispielsweise waren begeistert, als sie den Unterschied
zwischen „HERR“ und „Herr“ verstanden hatten und
fanden eine Alternative: In ihrer Sprache gibt es für Gott
auch andere Begriff e, die sie bisher in der Bibel nicht verwenden
konnten. Daher entschieden sie sich, den Namen
Gottes mit „Maogo“ zu übersetzen. Der Begriff bedeutet
wörtlich „Er, der die Bäume beschneidet“. Er ist aber in
der einheimischen Sprache mit dem Einen verbunden, der
ewig und über allem ist. Auf diesem Weg konnten wir die
Reichhaltigkeit des Urtextes darstellen.
Reinier de Blois ist Übersetzungsberater
und Leiter des „Institute of
Computer Assisted Publishing“ (ICAP)
vom Weltbund der Bibelgesellschaft en.
Übersetzung: Ruth Duschet
Foto: Michael Landgraf Foto: DBG