✛ Jordanien
„Fürchte dich nicht. Hab keine Angst“
Der Bischof der Evang.-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, Dr. Munib
A. Younan, weiß um die schwierige Lage der Christen im Nahen Osten. Er möchte besonders die
jungen Menschen mit Lukas 12,32: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ ermutigen.
Der erste Schultag an der Evangelisch-Lutherischen Schule
„School of Hope“ in Ramallah.
6 | die Bibel aktuell
Foto: Ben Gray/ELCJHL
Foto: Horst Scheurenbrand/DBG
Rund um den Globus wird immer mehr Menschen bewusst,
dass die Situation der Christinnen und Christen
im Nahen Osten zunehmend schwieriger wird. In einigen
Ländern werden sie direkt verfolgt, in anderen leiden
sie unter der militärischen Besatzung oder politischer
Unruhe. Es ist wichtig, nicht zu verallgemeinern – in
jedem Land ist die Situation anders. Dennoch: Überall
in der arabischen Welt beobachten wir einen Rückgang
des christlichen Bevölkerungsanteils, weil Menschen die
Region verlassen auf der Suche nach Frieden, Gerechtigkeit
und Freiheit.
Eine ausgleichende Rolle spielen
Was wäre der Nahe Osten ohne die Christinnen und
Christen? Die Sorge besteht, dass eines Tages die historischen
Kirchengebäude im Heiligen Land nur noch Museen
sind. Was noch wichtiger ist: Christen haben in dieser
Gegend der Welt immer eine ausgleichende Rolle gespielt.
Ihre Präsenz trägt dazu bei, dass moderne Zivilgesellschaften
entstehen, in denen Werte wie gleiches Recht für alle,
Geschlechtergerechtigkeit oder Religionsfreiheit gelten.
Christen waren es, die erstklassige Bildungseinrichtungen
gegründet haben. Sie haben in der Politik Verantwortung
übernommen. Sie sind, selbst wenn ihre Zahl gering sein
mag, ein wichtiger Teil der Gesellschaft .
Deshalb ist es wichtig, dass wir die Botschaft Jesu weitertragen,
insbesondere zu unserer Jugend: „Fürchte dich nicht,
du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen,
euch das Reich zu geben.“ (Lk 12,32; Lutherbibel 2017).
Wir wissen, dass es gerade für junge Christen beängstigend
wirkt, was heute in der Welt vor sich geht, insbesondere
im Nahen Osten. Es kann für sie sehr schwierig sein, sich
eine Zukunft in ihren Heimatländern vorzustellen, wo sie
sich mit religiöser Verfolgung, Krieg oder wirtschaft lichen
Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Wir müssen sie dazu
ermutigen, dass ihr Zeugnis für diese Region unersetzbar
ist. Wir brauchen sie hier, damit sie Zeugen des Evangeliums
sind und dazu beitragen, für Frieden, Gerechtigkeit
und Versöhnung in ihren Heimatländern einzustehen.
Ermutigung und Gebete für die Christen
Und so sagen wir ihnen immer wieder: „Fürchtet euch
nicht!“ Tatsächlich ist das einer der am häufi gsten gebrauchten
Sätze in der Bibel. „Fürchte dich nicht. Hab
keine Angst, du kleine Herde.“ Jesus Christus hat wiederholt
gesagt, dass wir nichts zu fürchten brauchen, weil
der Vater für uns sorgt. Wir sind nie allein, auch wenn
wir unter Verfolgung, Krieg, Krankheit oder politischer
Unruhe leiden. Gott ist bei uns – in der Heiligen Schrift ,
im Wasser, in Brot und Wein.
Natürlich genügt es nicht, den Menschen einfach nur
zu sagen: „Habt keine Angst.“ Was können unsere Schwesterkirchen
und -organisationen rund um die Erde für
die Christinnen und Christen im Nahen Osten tun? Wir
möchten nicht bemitleidet werden, aber wir bitten um
Gebet. Und wir bitten um aktive Unterstützung unserer
Aufgaben, die wichtig sind, damit die christliche Präsenz
in dieser Region erhalten bleibt.
Dr. Munib A. Younan ist Bischof der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Jordanien und im Heiligen Land mit
Sitz in Jerusalem. Von 2010 bis 2017
war er Präsident des Lutherischen
Weltbundes.
Übersetzung: Jutta Henner