Generation oft kein richtiges Verständnis dafür gibt, was
es eigentlich bedeutet, evangelisch zu sein. Das führt oft
zu sehr spannenden Gesprächen mit den Menschen.
Im Laufe der Jahre hat Elisabeth Pilz erkannt, dass alle
ihre Erfahrungen auch ihr persönliches Bibellesen prä-gen,
denn bei den Besuchen tauchen häufig die Fragen
auf: „Wie kann Gott das zulassen?“ oder: „Straft mich
Gott?“ Viele der Besuchten haben diesen strafenden
Gott erlebt und Elisabeth Pilz tauscht sich gerne darüber
mit ihnen aus. Umgekehrt prägt Elisabeth Pilz auch mit
ihren eigenen Erfahrungen ihre Arbeit. Sie selbst hat
sich nie als bestraft oder vergessen gefühlt und versucht
dieses Gefühl an die Menschen weiterzugeben. Dabei
schöpft sie sehr viel aus ihrem eigenen Glauben. Ein für
sie besonders starkes Bild ist das Bild von Gottes ber-genden
Händen. Sie erzählt uns: „Auch für mich persön-lich
gibt es Zeiten, wo ich das brauche, zu wissen, dass
ich nicht tiefer fallen kann, dass ich aufgefangen bin. Ja,
das ist unglaublich tröstlich.“
In der Zeit von COVID-19 hat Elisabeth Pilz keinen
Zugang zu den Häusern gehabt. Was ihr geblieben ist,
ist das Schreiben: Sie hat Hoffnungsmails und Ermu-tigungskarten
an die Bewohner, Pflegenden und Ver-antwortlichen
der Häuser, die sie sonst besucht, ver-schickt.
Im Juni hat sie ihre Besuche wieder aufnehmen
dürfen. Wie gewohnt ist es allerdings noch nicht, denn
„ALLES HAT SEINE ZEIT...“ 07
„
... DENN DIE WÜRDE EINES
MENSCHEN IST UNANTASTBAR.
ELISABETH PILZ
der Kontakt ist nur durch eine Plexiglasscheibe und mit
Mundschutz möglich. Das Problem: In Momenten, wo
die Sprache fehlt, ist Berührung und nonverbale Kommu-nikation
einfach das wichtigste. Es bleibt also weiterhin
schwierig und sie hofft, dass sie ihre Arbeit bald wieder
in der gewohnten Form ausüben kann, um die Menschen
zu begleiten.
Für die Zukunft wünscht sie sich, „dass unsere Kirche
noch stärker hinschaut, wie viele alte Menschen in ihr
leben“. Manchmal erführen alte Menschen zu wenig Hin-wendung,
weil man die Jugend „einfangen“ möchte. Sie
fragt sich auch: Wie kann man professionelle Hilfe für die
Familien anbieten und die erreichen, die ihre Angehöri-gen
zu Hause selbst pflegen?
Mit viel Leidenschaft und Begeisterung macht Elisabeth
Pilz ihre Arbeit und hat auch viele Menschen damit an-stecken
können. Sie hat aus ihrer Arbeit viel Wertvolles
und Schönes in ihren Lebensrucksack gepackt und hofft,
dass ihre Stelle nach ihrer Pensionierung bald nachbe-setzt
wird, damit der oder diejenige ebenfalls aus dieser
Arbeit schöpfen kann und so für viele alte Menschen in
der Steiermark da sein kann.
Nora Matern
(Das Gespräch mit Elisabeth Pilz
führte Jutta Henner.)
Luftballonsteigen beim Gedenkgot-tesdienst
der Verstorbenen im Haus
der Diakonie am Ruckerlberg.
Foto: Ulrike Rauch