Dialektübersetzungen in Österreich ✛
Dass das Kärntnerische
für sich
auch beanspruchen
darf, dass in
dieser Mundart
die meisten Übertragungen
biblischer
Texte veröffentlicht
wurden,
ist Michael Bünker und Sepp Lagger zu verdanken.
Der Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich
und der inzwischen pensionierte evangelische
Pfarrer haben insgesamt drei Bände veröff entlicht.
Den Anfang machte das Markusevangelium auf
Kärntnerisch mit Bildern der Kunstwerkstatt de La
Tour im Jahr 2007 – unter dem Titel „Es wead ana
kemmen“. Die jeweilige Herkunft der beiden Übersetzer
prägt dann auch die Mundart der Übersetzungen:
Die von Lagger übertragenen Texte lassen das Liesertalerische
anklingen, die von Bünker übertragenen
sind Gegendtalerisch. Im Jahr 2011 folgten Texte aus
den drei anderen Evangelien: „Umadum a liachta
Schein“. Dort ist das Gleichnis vom barmherzigen
Samariter zu fi nden – unter der Überschrift „A Auslända
die Bibel aktuell | 17
hot a Heaz“.
„Kimmb krod a Pforra zwegn, aa oachn auf Jericho.
Siggn und geat anfoach weita, wia wonn nix war.
Krodaso a Religionslehrale. Wia dea bei dea Schtö
viageat und es Mangale duat lign sigg, geata anfoch
weita, wia wenn wonn nix war. Kimmb a Auslända,
a Tschusch aus Samaria, deawo aa untawegs gwesn
is …“ (S. 30)
„A Engl geaht mit. Bibelgeschichten aus dem Alten
Testament in Kärntner Mundart“ wurde dann als
dritter Band im Jahr 2015 veröff entlicht. Wie bei den
beiden anderen Bänden ist auch hier jeweils neben
dem Kärntnerischen, das Vers für Vers übersetzt
wurde, die Fassung der Lutherbibel 1984 abgedruckt.
In Mundart kann manches treff ender ausgedrückt
werden als in Standardsprache. Von daher sind die
Fassungen biblischer Texte in Mundart eine Bereicherung
und für manche ein Zugang zur Bibel und
ihrer Botschaft .
Jutta Henner
„A Mann war alloanig auf oaner Straßn unterwegs.
Auf oaner Raststättn habn ian zwoa Mander überfalln.
De haben ian zammgschlagn und komplett
ausgsackelt. Auf des aui seins abghaut und haben
ean halbhinig liegn lassen. Zufällig isch a Pfarrer
vorbeikemmen. Der hat den liegn gsechn, isch aber
trotzdem weitergfahrn. Danach isch a so a feiner Herr
vorbeigfahrn, der hab aber nix tan. Am Schluss isch
a Jugo zuawakemmen …“ (S. 38)
„Da neiche Evangelimau:
dreiahoib Dutzand deschpektierliche
Gedichta in unsara
Schproch mid an Limerick ois
Vuawörtl und Nochruaf und
an Dutzand Büdln dazua“ – so
lautet der Titel der in gereimter
Form von Friedrich Martin
Seitz in niederösterreichische
Mundart übertragenen Texte
aus den Evangelien. Das Hinzukommen
des barmherzigen
Samariters liest sich bei ihm so:
„Und daun is schliesslich ana kumma,
dea is aus Samaria gwest
Wiara den siacht, is a dakumma.
Daum hoda si an Auraund gnumma
Und eahm aus seina Log dalest.“
(S. 42)
Ebenfalls in Reime hat Hans
M. Tuschar Geschichten aus
dem Alten und Neuen Testament
in Kärntner Mundart
übertragen. „Liacht is wurdn“
ist der Titel dieser Publikation,
der eine Hör-CD beigegeben
ist.
„Jå, jå! håt unsa Herrgott
gmant,
wiɘ a allanig umalahnt.
I waß genau, wås mir no fehlt!
I hett so gern a eigne Welt!“
(S. 11)
Mit diesen Worten beginnt der biblische Bericht von
der Erschaff ung der Welt bei Tuschar.