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Bibel im Leben ✛ „Eine Bibelstelle, die mir besonders am Herzen liegt, ist Matthäus 28,20, Jesu Abschiedsrede an seine Jünger: ‚Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.‘“ PATER ALBERT die Bibel aktuell | 13 nicht gehen, wohin sie möchten. Ehepaaren ist es erlaubt, sich eine Stunde am Tag in einem Gemeinschaft sraum zu sehen. Schwierige Situationen, die Sie da mitansehen müssen … Ja, die Lage der Menschen macht mich auch sehr betroff en. Viele Leute stecken viel Geld in die Flucht aus dem Heimatland; die meisten sterben auf dem Mittelmeer auf dem Weg nach Europa. Diejenigen, die es schaff en, müssen dann oft wieder zurück und stehen in ihrer Heimat als Versager da. Wenn ich könnte, würde ich den Menschen die nötigen Dokumente geben, damit sie hier bleiben können. Aber das kann ich nicht. Was ich tun kann ist, ihnen zuhören, mit ihnen über ihre Probleme und ihr Leben sprechen. Ich kann mit ihnen in der Bibel lesen, das Gelesene besprechen und mit ihnen gemeinsam deuten. Meine Besuche in der Schubhaft sind eine andere Art von Hilfe. Wie ist es für Sie, diesen Menschen zu begegnen? Ich bete oft dafür, dass sie entlassen werden. Ich gebe ihnen die Bibel, damit sie beim Lesen Trost fi nden. Die Schubhäft linge freuen sich sehr über eine eigene Bibel und bringen sie oft auch zur Messe mit! Die Messe halte ich jeden Samstagvormittag abwechselnd in einer der beiden Schubhaft zentren. Anschließend kommen viele Leute auf mich zu, um mit mir zu sprechen. Auch Muslime kommen zur Messe, einmal bat mich eine Frau darum, ihr einen Koran zu besorgen. Manche fragen einfach nur, wie das Wetter heute aussieht. Einige Leute bitten dann darum, dass ich sie unter der Woche besuche. Die Gesprächsthemen können sehr unterschiedlich sein, einige sprechen über Persönliches, Sorgen und Probleme. Andere sprechen gerne über Politik oder Sport. Am Ende meines Besuches lesen wir gemeinsam in der Bibel und beten zusammen. Welche Bibelstellen lesen Sie gemeinsam? Meistens lesen wir die Psalmen, beispielsweise spendet der Psalm 121 vielen Leuten Kraft . Einige lesen die Bibel auch eigenständig, anderen empfehle ich ausgewählte Stellen, die ich als besonders hilfreich empfi nde. Zum Beispiel die Geschichte von Hiob, der seinen ganzen Reichtum verlor und trotzdem bis zum Schluss gläubig blieb. Wenn die Schubhäft linge diese Geschichte lesen, sehen sie, dass am Ende trotzdem alles gut werden kann. Nicht selten bekomme ich Anrufe von Menschen, die ich in der Schubhaft besucht habe, die mir dann sagen: „Pater, ich bin entlassen, ich bin draußen!“ Sie können es kaum fassen, über solche Anrufe freue ich mich immer besonders! Auch diejenigen, die abgeschoben wurden, rufen mich an und erzählen mir, wie sich ihr Leben weiter entwickelt hat. Sie sind dankbar für meine Besuche in der Schubhaft und auch für die mitgebrachten Bibeln. Ich möchte mich von ganzem Herzen bei der Bibelgesellschaft für ihre Unterstützung bedanken. Die Bibeln selbst zu kaufen wäre zu teuer, und es ist wirklich eine Freude für mich, sie den Menschen zu schenken. Ich sehe, wie glücklich sie sind, wenn sie die Bibel bekommen. Sie fangen sofort an, zu blättern und zu lesen. Ich freue mich sehr, dass die Bibelgesellschaft diese Arbeit unterstützt. Gibt es eine Bibelstelle, die Ihnen besonders wichtig ist? Ja, eine Stelle, die mir besonders am Herzen liegt, ist Matthäus 28,20, Jesu Abschiedsrede an seine Jünger: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Wenn ich das lese, habe ich keine Angst mehr. Auch den Leuten in der Schubhaft sage ich, sie brauchen keine Angst haben, Jesus hat uns versprochen, bis zum Ende der Welt für uns da zu sein! Es ist traurig, wenn diese Menschen abgeschoben werden, aber mit meiner Arbeit kann ich ihnen Hoff nung geben. Können Sie sich vorstellen, dass Ihnen die Arbeit zu viel wird? Nein, eigentlich nicht. Ich fi nde die Zeit, die ich mit den Insassen verbringe, sehr wichtig. Sie sind sehr dankbar dafür, dass ich komme, um sie zu besuchen. In der Bibel heißt es: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40) „Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen“ (Mt 25,36), „ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben“(Mt 25,35). Das ist ein Weg, den Anderen nahe zu sein. Ich mache diese Arbeit gerne, obwohl sie schwierig ist. Ich fi nde es sehr wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaff en, dass es diese Leute gibt. Wir kommunizieren unsere Arbeit auch in der Gemeinde und machen beispielsweise auch ökumenische Gottesdienste und Vorträge, damit die Menschen davon erfahren. Vielleicht entscheiden sich dann manche dafür, diese Arbeit zu unterstützen. Danke für das Gespräch! Die Bibeltexte sind der Einheitsübersetzung entnommen.


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