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Bibel im Leben ✛ die Bibel aktuell | 13 Besuch bei einer Bauernfamilie sahen wir, dass es in ihrer kleinen Rundhütte fast keine Einrichtung gab, da sie so gut wie nichts besitzen. Sie leben ohne Strom und fl ießend Wasser. Auch in einer Schule waren wir zu Besuch. Unglaublich, wie sich die Kinder über die mitgebrachten Kugelschreiber gefreut haben! Bunte Welt mit eigener Tradition Die äthiopische Kirche ist für uns europäische Christen kaum zu verstehen, eine völlig andere, bunte Welt mit einer ganz eigenen Tradition. Im Allerheiligsten jeder Kirche befi ndet sich – meist durch eine Ikonenwand getrennt und daher vom Hauptraum aus nicht zu sehen - eine Kopie der Bundeslade (2. Mos /Ex 37, 1-9). Nach der Überlieferung der Äthiopischen Kirche hat Menelik, der Sohn von Salomo und der Königin von Saba, die Bundeslade aus dem Tempel von Jerusalem mit nach Äthiopien genommen. Seither befi ndet sie sich in der Königsstadt Axum in einem streng bewachten Kloster neben der Marien-Kathedrale. Vor dem Betreten jeder Kirche muss man seine Schuhe ausziehen, Frauen tragen ein Kopft uch. Die Kirchenräume sind meist voller bunter Bilder mit Darstellungen von biblischen Geschichten und Heiligenlegenden. Überall sind bunt gekleidete Priester anwesend - mit einem Kreuz in der Hand. Als Gast kann man dem Priester eine besondere Freude machen, wenn man ihm Rosinen schenkt. Auch wir brachten mehrere Pakete mit Rosinen mit. Wozu? Während Wein zu kaufen sehr kostspielig ist, können die Priester aus den Rosinen mit einfachen Mitteln selbst Messwein herstellen. Ein „neues Jerusalem“ Der Höhepunkt unserer Reise war Lalibela, ein sagenumwobener, mystischer Ort auf einem Hochplateau von gewaltigen Bergen umgeben. Im 12. Jahrhundert ließ König Lalibela die nach ihm benannte Stadt zum „neuen Jerusalem“ ausbauen. Dazu ließ er zahlreiche, monolithische Kirchen aus dem Felsen schlagen, die zum Teil durch Gänge miteinander verbunden sind. Die ganze Anlage gleicht einem Labyrinth und zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Am berühmtesten ist die St. Georgskirche etwas außerhalb des Ortes. Diese zwölf Meter hohe Kirche ist vollständig in den Boden geschlagen und hat die Form eines griechischen Kreuzes. Am Sonntag strömen die Menschen bereits mehrere Stunden vor Sonnenaufgang zu ihren Kirchen, hell gekleidet, um stundenlang Gott zu loben. Dabei wird zu Trommelmusik getanzt und gesungen. Dieser „Tanz der Priester“ wurde bereits im 6.Jahrhundert vom Heiligen Yared in allen Kirchen eingeführt und an jedem Sonntag praktiziert. Nach Sonnenaufgang beginnt dann die eigentliche Messe, die wieder stundenlang dauert. Erst danach dürfen die Gläubigen an diesem Tag zum ersten Mal etwas essen und trinken. Da wir wenige Tage vor dem Weihnachtsfest, das in Äthiopien am 7. Jänner gefeiert wird, in Lalibela waren, haben wir miterlebt, wie tausende Pilger zum Fest in den Ort kamen. Sie lagerten alle unter freiem Himmel, ganze Familien fasteten, beteten und bereiteten sich auf das große Fest vor. Manche waren viele Tagesmärsche weit hergekommen. Wir fühlten uns bei dem Anblick in die Zeit Jesu zurückversetzt. Äthiopien hat auch landschaft lich einiges zu bieten: Am Tanasee fuhren wir an kleinen Inseln vorbei, die teilweise von Mönchen bewohnt werden. Am Ufer wächst Papyrus, das heute noch von Fischern zum Bootsbau verwendet wird. Auch Kaff eeplantagen gibt es dort. Bei der Kaffee Zeremonie werden Bohnen frisch geröstet, gestampft und dann aufgekocht. Ein herrliches Erlebnis! Die Wasserfälle des Blauen Nil, der aus dem Tanasee entspringt, sind heute wegen eines Kraft werkes nicht mehr sehr imposant, aber der Weg dorthin ist reizvoll. Schließlich sahen wir uns auch ein ehemaliges Falascha-Dorf an, das früher von äthiopischen Juden bewohnt wurde, die inzwischen alle nach Israel ausgewandert sind. Pfarrer Mag. Heribert Hribernig ist evangelischer Pfarrer in Markt Allhau. Regelmäßig unternimmt er mit „Biblische Reisen“ Gemeindereisen. e Am strömen Menschen be- „Am Sonntag strömen die Menschen bereits mehrere Stunden vor Sonnenaufgang zu ihren Kirchen, hell gekleidet, um stundenlang Gott zu loben.“


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