Kuba ✛
Mehr als Havannas und prächtige
Autos: Kuba und die Bibel
Das Leben in Kuba hat sich in den letzten Jahren stark verändert. In die sozialistische
Starre kommt Bewegung. Das wirkt sich auch auf die Arbeit der Bibelkommission in
dem Inselstaat aus.
Traumhaft e Karibikstrände, prächtige Oldtimer
die Bibel aktuell | 5
und die typischen Havanna-Zigarren: Den einen
ist Kuba ein beliebtes Urlaubsziel, den anderen ein
Mythos von mehr oder weniger gelungenem Sozialismus.
Doch nur wenige wissen, dass die Kirche im
kommunistischen Kuba jahrzehntelang unterdrückt
und isoliert wurde. Hatten vor der Revolution zahlreiche
amerikanische Missionare Schlüsselpositionen
als Pfarrer und Religionslehrer inne, mussten
sie das Land Ende der 50er Jahre plötzlich verlassen.
„Die Kontakte zwischen der Regierung und den kubanischen
Christen blieben frostig. Bis in die 1980er
Jahre war es kompliziert und schwierig, Christ zu
sein“, erzählt Alain Montano, Generalsekretär der
Bibelkommission in Kuba.
Doch langsam änderte sich die Situation. Fidel
Castro war von Jesuiten erzogen worden und mit
Jesse Jackson befreundet, einem US-amerikanischen
Politiker, Aktivisten und Baptistenpastor. Aus seiner
Einladung, an einem Gottesdienst in einer kleinen
methodistischen Kirche teilzunehmen, wurde ein
nationales Ereignis, das vom kubanischen Fernsehen
gefi lmt wurde und einen bedeutenden Einfl uss auf
das tägliche Leben der Christen auf der Insel hatte.
„Die Lage entspannte sich, und die Beziehungen
zwischen den Kirchen und dem Staat verbesserten
sich behutsam“, so Montano.
„Zu wenig Platz für die vielen neuen Christen“
Der Zerfall der Sowjetunion brachte auch auf Kuba
wirtschaft liche und soziale Umbrüche, da die Unterstützung
der Sowjetunion für Waren und Finanzen
wegfi el. Viele Menschen suchten Stabilität in den Kirchen.
„Es gab einfach zu wenig Platz und zu wenig
Kirchen, um all die neuen Christen aufzunehmen. Es
musste dringend eine Lösung her“, sagt Alain Montano.
100 Jahre Bibelgesellschaft in Kuba
Anfang 20. Jh: Die Amerikanische Bibelgesellschaft
gründet eine „Bibelagentur für die Antillen“. Sie arbeitet
ausschließlich in Havanna und San Juan, der Hauptstadt
von Puerto Rico.
1979: Der Rat der Kubanischen Kirchen (RKK) beschließt
die Gründung der „Bibelkommission“. Die Aufgabe: Die
Bibel überall auf die Insel zu bringen.
1982: Erstmals treffen sich Vertreter des Weltbundes
der Bibelgesellschaften (UBS), des RKK und kubanischer
Kirchen, um darüber zu sprechen, wie der Weltbund der
Bibelgesellschaften den Rat der Kubanischen Kirchen
unterstützen könnte. Eine neue Ära für die Bibelverbreitung
in Kuba beginnt.
1993: Papst Johannes Paul II besucht Kuba. Die kubanische
Kirche entwickelt sich rasant. Doch es gibt nicht
genug Bibeln. UBS und RKK arbeiten eng zusammen,
um zehntausende biblische Schriften im ganzen Land
zu verbreiten.
Anfang 21. Jh: Dank der staatlichen Anerkennung
des Kirchenrates und seiner Abteilung „Comisión Bíblica“
kann der Import von Bibeln wieder aufgenommen werden.
2013: UBS und die Bibelkommission beschließen ein
ehrgeiziges Projekt: In fünf Jahren sollen eine Million
Bibeln an Pastoren, Gefängnisinsassen, junge Christen
und Familien auf der ganzen Insel verteilt werden – dazu
werden Partnerschaften mit 62 verschiedenen Konfessionen
eingegangen!
2018: Die letzten 8.000 Exemplare, die auf die eine
Million fehlen, werden im Jänner geliefert. Im Juni feiert
die Bibelkommission den Abschluss des Projekts „Eine
Million Bibeln für Kuba“.