32 oder in die Auslage stellen, das muss man leben. Da
steht eine Wertehaltung dahinter. Nicht nur ein kaltes
Zahlendenken – ohne Zahlen geht es zwar auch nicht,
aber der überwiegende Teil ist Emotionalität. Wenn
ich heute das Geschäft nach 08/15 Systemvorgabe
aufgemacht hätte, dann wäre ich nicht die
angesprochene Vielfalt. Das kann ich nur gemeinsam
mit Rückhalt von Kunden und Mitarbeitern tun. Denn
es geht um eine Grundeinstellung zu Lebensmitteln.
Nachhaltigkeit, der CO2-Fußabdruck, das ist alles
wichtig, darf aber nicht nur plakatiert werden. Die
wenigstens setzen es um. Ich hab nichts neu erfunden,
aber ich glaub, dass ich vor ein paar Jahren etwas
vorgegeben habe, was heute viele Nachahmer
findet. Und dafür bin ich dankbar, ich hab da keinen
Neid. Bei mir kommen auch Kaufleute vorbei und
fragen nach, wie ich dieses oder jenes mache. Und
ich gebe gerne Auskunft. Durch einen starken und
verlässlichen Großhandelspartner im Rücken, einen
Direktlieferanten wie Rochelt, meine Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen und nicht zuletzt die Kundschaft
habe ich viele Freiheiten. Und die spiel ich auch.
Inwiefern nehmen Sie beide, einer als Händler, der
andere als Lieferant, einen Unterschied zwischen
urbanem und ländlichem Raum und der jeweiligen
Kundschaft wahr?
Erich Amon: Ich kenn die Kunden in der Stadt und ich
schätze die ländliche Region mindestens genauso
sehr. Dort geht man es einen Ticken ruhiger an. Dort
ist man in der Lebensgeschwindigkeit oft nicht so
schnell, ich will nicht sagen hinten. Aber die Kunden
sind gelassener, wenn sie ins Geschäft kommen. Bei
uns kommen sie rein und wollen gegrüßt werden.
Es wird heute viel Geld ausgegeben für Seminare
zu Kundenbindung oder Mitarbeitermotivation. Da
brauch ich kein Seminar, meiner Meinung nach ist es
das Grundlegendste. Ich betreibe mein Geschäft so,
wie ich gerne einkaufen gehen würde. Ich freu mich
und wertschätze den Kunden, der zu uns kommt. Wir
haben uns in der Region einen Namen erworben.
Wenn du was brauchst, geh zum Amon. Entweder er
hat‘s oder er besorgt‘s.
„Wenn du was brauchst, geh zum
Amon. Entweder er hat’s oder er
besorgt’s.“
Manuel Schachner: Natürlich nehmen auch wir
diesen Unterschied wahr. Im urbanen Gebiet kommen
viele Trends auf, die sehr schnell umgesetzt werden.
Da hinkt das Land hinterher. Man braucht sich nur
anschauen, wie viele Flexitarier oder Vegetarier es in
der Stadt gibt. Vegane Produkte etwa haben einen
ganz anderen Stellenwert. Oder die Unterschiede bei
der Nachfrage nach Wurst: am Land darf es deftiger
sein, da muss das Fettrandl am Schinken sein, das ist
der Geschmacksträger. In der Stadt will es der Kunde
lieber mager. Regionalität hat hingegen immer einen
Wert, egal wo – auch wenn das Thema aktuell medial
sehr ausgeschlachtet wird. Dabei hat es, wie Herr
Amon gesagt hat, eben auch etwas mit Einstellung
zu tun.