Page 9

P151040_Bibel_aktuell_02_2015

Die Bibel ausgelegt ✛ Mit Gott reden Der Herr und Mose redeten miteinander Auge in Auge, wie Menschen miteinander reden. Exodus / 2. Mose 33,11 (Einheitsübersetzung) „Gott will mit den Menschen ins Gespräch kommen.“ WOLFGANG SCHWARZ die Bibel aktuell | 9 Am 18. November 2015 wird es 50 Jahre her sein, dass die Teilnehmer am 2. Vatikanischen Konzil der Katholischen Kirche die dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung, Dei verbum, mit überwältigender Mehrheit angenommen haben. Am gleichen Tag wurde Dei verbum veröff entlicht. Die dringende Notwendigkeit dieses Dokumentes für die Katholische Kirche kommt in dessen letztem Abschnitt deutlich zum Ausdruck. Dort wird die Hoff - nung zum Ausdruck gebracht, dass „der Schatz der Off enbarung“ „mehr und mehr die Herzen der Menschen“ erfülle und dass es „aus der gesteigerten Verehrung des Wortes Gottes“ zu einem „neuen Antrieb für das geistliche Leben“ in der Kirche komme. Das Konzil war sich dessen bewusst, dass der Stellenwert der Heiligen Schrift in der Katholischen Kirche gehoben werden muss und mit Dei verbum ein deutlicher Impuls gegeben werden soll, sich intensiver mit dem Wort Gottes in der Bibel zu beschäft igen. Diese Notwendigkeit wird damit begründet, dass wir es der Heiligen Schrift zu verdanken haben, durch sie erfahren zu können, dass es die Initiative Gottes war, sich den Menschen zu offenbaren, um ihnen „das Geheimnis seines Willens kundzutun“. Gott tut dies aber nicht aus Selbstsucht, sondern „aus überströmender Liebe“ zu den Menschen, „um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen“. „In dieser Off enbarung“ „redet der unsichtbare Gott“ „die Menschen an wie Freunde“. Die Verfasser von Dei verbum veranschaulichen diese Beziehungsaufnahme Gottes mit den Menschen durch einen Verweis auf Exodus / 2. Mose 33,11: Der Herr und Mose redeten miteinander Auge in Auge, wie Menschen miteinander reden. Dieser kurze Vers vermittelt zunächst berührend, dass Begegnungen zwischen Gott und den Menschen auf gleicher Augenhöhe stattfi nden. Weiter macht er deutlich, dass Gott die Menschen nicht niederredet, sondern auch sie zu Wort kommen lässt. Gott will mit den Menschen ins Gespräch kommen. Nicht nur einmal. Ein lebendiger Austausch von Meinungen und Sichtweisen soll die Beziehung begleiten. Wie auch weitere Erzählungen von Gesprächen Gottes mit Mose in der Bibel zeigen, soll das miteinander Reden zur laufenden Intensivierung der Beziehung beitragen, selbst wenn es dabei zu Auseinandersetzungen kommt. Eine dieser Erzählungen veranschaulicht beeindruckend, dass das Gespräch mit Gott seinen Gesprächspartner verwandelt und verändert. In Exodus / 2. Mose 34,28-29 ist zu lesen: Mose blieb dort beim Herrn vierzig Tage und vierzig Nächte. Er aß kein Brot und trank kein Wasser. Er schrieb die Worte des Bundes, die zehn Worte, auf Tafeln. Als Mose vom Sinai herunterstieg, hatte er die beiden Tafeln der Bundesurkunde in der Hand. Während Mose vom Berg herunterstieg, wusste er nicht, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, weil er mit dem Herrn geredet hatte. Mose musste den Gottesberg besteigen, um Gott zu begegnen und mit ihm zu reden. Heute können wir die Bibel lesen oder ihre Worte hören. Auch wenn sie von Menschen verfasst wurden, redet uns Gott in ihnen an und lädt uns zum Gespräch ein. Wenn wir uns darauf einlassen, wird unser Leben lichterfüllt. Und vielleicht werden Menschen um uns fragen: Warum strahlst du so? Dr. Wolfgang Schwarz ist Direktor des Österreichischen Katholischen Bibelwerks. Mose am brennenden Dornbusch „Merian-Bibel“ von 1630


P151040_Bibel_aktuell_02_2015
To see the actual publication please follow the link above