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✛ Bibel im Leben Bibelfl iesen – die „Ikonen des Nordens“ Bibelfl iesen sind Fliesen, auf denen biblische Szenen aus dem Alten und Neuen Testament dargestellt sind. Auf ihnen sind ungefähr 600 verschiedene biblische Szenen zu fi nden. Diese Art von Wandfl iesen ist ein Ausdruck volkstümlicher Frömmigkeit. Die Bibelfl iesen gehörten zum Inventar friesischer Bürgerhäuser und Bauernhöfe: am Herd, in der Küche oder in der „guten Stube“. Sie dienten der geistlichen Erbauung und waren zugleich ein Zeichen von Wohlstand und Standes- und Glaubensbewusstsein. Als Genre von Bildern verdanken wir die Bibelfl iesen dem reformierten Protestantismus. Ohne die Reformation und ihre neue Bibelkultur gäbe es keine Bibelfl iesen. Sie haben im 17. und 18. Jahrhundert in den Niederlanden, in Norddeutschland, in Hamburg und Ostpreußen, aber auch in den Barockschlössern des Adels in ganz Europa Verbreitung gefunden. Hergestellt wurden die in Mangan oder Kobalt (Delft er Blau) glasierten Fliesen in niederländischen Manufakturen. Vorlagen alter Meister Bibelfl iesen wurden von Fliesenmalern in Serien angefertigt. Die großen Produktionszentren befanden sich in Delft , Rotterdam, Amsterdam, Utrecht, Harlingen und Makkum. Seit 1710 wird auf Bibelfl iesen oft auch der biblische Fundort angegeben. Die Fliesenmaler haben ihre Bilder nach 12 | die Bibel aktuell Vorlagen bekannter alter Meister hergestellt. Damit war ein Zusammenhang mit der „großen“ Kunst hergestellt. Für mehr als die Hälft e der Motive auf den Bibelfl iesen bildete z. B. Matthäus Merians Sammlung von Bibelbildern „Icones Biblicae“ (1625–27) die Vorlage. Dabei spielten vor allem die (Raub-)Kopien von Pieter Schut „Toneel oft e Vertooch“ (Amsterdam 1759) eine Vermittlungsrolle. Die Kupferstich-Vorlagen wurden oft nur teilweise kopiert, auf das Fliesenformat 13 × 13 cm umgesetzt und in ein aquarelliertes Vorbild übertragen. Man beschränkte sich dabei auf die Hauptfi guren. In der Regel sind nicht mehr als zwei bis drei Personen auf den Fliesen dargestellt. Herstellungsverfahren Auf Pauspapier fertigte man von den Vorlagen eine Umrisszeichnung mit den wichtigsten Linien an. Diese wurde mit einer Nadel dicht an dicht durchstochen. Danach legte man diese (Durchstaub-)Schablone auf die Rohfl iese und bestreute sie mit Kohlenstaub. So wurden die Umrisse auf die Fliese übertragen. Anhand dieser Markierungen konnte Jesus begegnet Zachäus (Lk 19,1-10) Die Sintfl ut (1 Mos/Gen 6,5-7,24)


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