14 ÖSTERREICH
Diese Lutherbibel aus dem Jahr 1585 ist in einem Haus in Rutzenmoos über die Zeit des Verbots und der Verfolgung hinaus erhalten geblieben.
Foto: Evangelisches Museum Oberösterreich
anhand der evangelischen Bücher weiter, vernetzten die
Evangelischen untereinander und organisierten geheime
Zusammenkünfte. Im evangelischen Museum Oberös-terreich
in Rutzenmoos kommt eine von ihnen, Rosina
Steinauer (1718-1794), zu Wort. Ein Teil des Ober-geschosses
des Museums ist als alte Bauernstube mit
Bauernfamilie und Geheimverstecken für Bibeln gestal-tet.
Das Dach des Bauernhauses ist offen als Zeichen
dafür, „dass man ständig auf dem Präsentierteller gelebt
hat und vor Hausdurchsuchungen auf der Hut sein
musste“, so Museumsverwalter Willi Stadler. Eindrucks-voll
erklingt Rosina Steinauers Erzählung dazu, wie ein
Unbekannter sich glaubhaft als evangelisch ausgab, um
sich ihr Gebetbuch auszuborgen – um es nie wieder zu-rückzubringen,
sondern sie bei der Obrigkeit anzuzeigen.
Wohl aufgrund von Vorfällen wie diesem riet der Orten-burger
Pfarrer den „heimlich verborgenen Evangelischen“
1756 dazu, sorgsam auszuwählen, mit wem sie über
ihren Glauben sprechen. Sie sollen beispielsweise „den
Dienstbothen nicht trauen“ und ihnen keine evangeli-schen
Bücher vorlesen, außer, man sei sich ihres evange-lischen
Glaubens sicher. Sollten bei Hausdurchsuchungen
evangelische Bücher gefunden werden, so sollten sich die
Betroffenen „auf alle mögliche Weise“ ausreden: „Gebt
vor, ihr habt nicht gewust, daß sie im Hause wären: oder
ihr hättet sie nicht gekennt, daß sie unrecht wären: oder
saget, ihr könnet nicht lesen“.
LESEN KÖNNEN? VERDÄCHTIG!
Lesen und schreiben zu können, zeichnete viele Evange-lische
aus. Und war verdächtig. Nicht wenige Katholiken
plädierten deshalb dafür, Schulen zu schließen. So fragte
der Jesuitenpater Ignatius Querck in seinem Religionsbe-richt
an den Hof aus dem Jahre 1733: „Ist es eine wichti-ge
Frag, ob es nicht besser wäre in diesen Umbständen,
wenn diese Leute nicht kunthen lesen. Dann woher
kombt dieses Ketzer Feür als aus den Bücher lesen.“
Erst nach dem Tod Maria Theresias änderte sich die Lage
für die Geheimprotestanten. Ihr Sohn Joseph II erließ
1781 das sogenannte Toleranzpatent, das es Evan-gelischen
wieder erlaubte, ihren Glauben (wenn auch
zunächst mit Auflagen) zu leben. Erste Toleranzgemein-den
entstanden, oftmals entlang der Wege der Bibel-schmuggler.
Hier leben bis heute viele Evangelische.
Ines Schaberger
>>