16 JUBILÄUMSJAHR
EIN KAMPF UM
35 TONNEN BIBELN
Die Kriegs- und Nachkriegszeit war auch für die
Bibelgesellschaft keine einfache: Doch mit dem
Jubiläumsjahr 1950 und dem Erwerb des Bibelhauses
in der Breite Gasse wurden unter Direktor Karl Uhl
entscheidende Schritte für die Gründung der selb-ständigen
Österreichischen Bibelgesellschaft im
Jahr 1970 gesetzt.
Seit den Anfängen im 19. Jahrhundert war die Bibel-gesellschaft
in Österreich eine Niederlassung der
„Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft“ (BFBS).
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte im Jahr
1939 auch ein Verbot der Arbeit der Bibelverbreitung mit
sich; das umfangreiche Bibellager wurde beschlagnahmt.
Karl Uhl, seit 1936 Leiter der Arbeit in Österreich, wurde
die Verantwortung für die gesamte Arbeit der BFBS in
Mitteleuropa übertragen. 1940 musste Karl Uhl aber in
den Krieg einrücken. Unter schwierigsten Bedingungen
sorgten seine Frau Anna, die wiederholt zur Gestapo
vorgeladen wurde, und verbliebene Mitarbeiter dafür,
dass die Arbeit irgendwie dennoch weiterging. Der Bibel-verkauf
war verboten; es wurden von Privatpersonen und
Gemeinden nicht benötigte und zur Verfügung gestellte
Bibelausgaben verbreitet.
Legendär geworden ist der Kampf von Karl Uhl um
das umfangreiche Berliner Bibellager „im Werte von
100.000 Mark“, das von der Gestapo als „feindliches
Vermögen“ zunächst versiegelt und in ein Lager ge-bracht,
aber 1941 zur Vernichtung bestimmt worden war.
Karl Uhl scheute keine Mühe: von einem Telegramm „an
den Führer“ bis zu einer Vorsprache im Gestapo-Haupt-quartier
in Berlin im Mai 1941 während eines kurzen
Sonderurlaubes. Mit seiner Hartnäckigkeit und seinem
Gottvertrauen erwirkte er, dass binnen sechs Wochen das
35 Tonnen schwere Bibellager geräumt und an anderer
Stelle untergebracht werden durfte. Karl Uhl ließ es in
Gästebuchseite von der Eröffnung
des Bibelhauses. Foto: ÖBG
drei Eisenbahnwaggons nach Wien transportieren. Damit
war der Grundstein für die Bibelverbreitung nach Kriegs-ende
gelegt.
Erst im Herbst 1946 kehrte Karl Uhl aus russischer
Kriegsgefangenschaft zurück. Er telegraphierte an die
BFBS in London: „Heute heimgekehrt, morgen beginnt
die Arbeit.“
1946 wurde der Weltbund der Bibelgesellschaften, die
„United Bible Societies“ in England gegründet. Karl Uhl
hatte die Vision, eine Österreichische Bibelgesellschaft
zu gründen. Ein Schritt dafür war die Gründung des
„Österreichischen Bibelkomitees“ am 22.4.1947, das die
Kirchen in die Verantwortung für die Bibelverbreitung
SERIE ZUM
JUBILÄUMSJAHR
TEIL 3
Karl Uhl an seinem Schreibtisch im Bibelhaus. Foto: ÖBG