DIE BIBEL AUSGELEGT 11
allein gestellt, der Gott, dem alle Macht gehört, wird
ihnen die nötige Kraft verleihen (1 Petr 5,8ff).
Es ist anzunehmen, dass die Empfänger des Briefes
Petrus‘ Geschichte kannten. Sie wussten, dass Petrus
mehrmals inhaftiert worden war, weil er freimütig das
Evangelium vom Tod und der Auferstehung Jesu Christi
verkündigt hatte (Apg 4,3; 5,17ff; 12,3ff). Wie standhaft
hatte er im Vertrauen auf Jesus Christus ausgeharrt!
NEUANFANG UND KRAFTQUELLE
Er ist glaubwürdig. Er kennt das Gefühl, feindlich gesinn-ten
Menschen ausgeliefert zu sein.
Wussten sie das, wussten sie auch von seiner ersten
großen Glaubensprüfung nach der Gefangennahme des
Herrn? Wie beschämend hatte er versagt, und wie sehr
muss gerade das die verfolgten Christen in Kleinasien
ermutigt haben, denn hat Jesus Christus Petrus vergeben
und einen Neuanfang geschenkt, wird er sich auch ihrer
erbarmen.
Jesus Christus, selbst ein durch Leiden Geprüfter, hat
ihnen ein Beispiel gegeben (1 Petr 2,21ff). Auch der He-bräerbrief-
Schreiber weiß um diese Kraftquelle: „Wenn
ihr also in der Gefahr steht, müde zu werden, dann denkt
an Jesus! Wie sehr wurde er von sündigen Menschen an-gefeindet,
und wie geduldig hat er alles ertragen! Wenn
ihr euch das vor Augen haltet, werdet ihr nicht den Mut
verlieren.“ (Hebr 12,3)
UND WIR?
Wir stehen auf der Seite derjenigen, die Verantwortung
für ihre verfolgten Geschwister tragen. „Denkt an die
Gefangenen und nehmt an ihrem Schicksal Anteil, als
wärt ihr selbst mit ihnen im Gefängnis. Habt Mitgefühl
mit den Misshandelten, als wäre es euer Körper, dem die
Schmerzen zugefügt werden.“ (Hebr 13,3)
Wir haben unzählige Möglichkeiten, uns über die welt-weite
Situation von Geschwistern zu informieren, bei-spielsweise
über Organisationen wie Open Doors oder
AVC. Eine einsame Christin in einem muslimischen Land,
die nicht einmal die Möglichkeit hat, sich durch das
Lesen in der Heiligen Schrift zu stärken, weil der Besitz
einer Bibel lebensgefährlich ist. Ein afrikanischer Gläu-biger,
der nach einer schrecklichen Zeit im Gefängnis,
psychisch und physisch gebrochen ist.
GEBET FÜR VERFOLGTE CHRISTEN
Je mehr wir wissen, desto größer wird unsere Anteil-nahme
und desto konkreter kann unser Gebet sein. Eine
Mitarbeiterin von Open Doors schrieb mir Folgendes:
„Von unserer Seite betonen wir immer wieder, dass die
wichtigste Unterstützung das Gebet für unsere verfolg-ten
Geschwister ist. Das ist das, worum sie uns als
erstes bitten und was sie wertschätzend hervorheben.
Und wir lernen immer wieder, dass hier die vordring-lichste
Bitte ist, zu beten, dass sie an Jesus festhalten
können, um Kraft und Stärke im Glauben.“
Nicht alle Gläubigen sind von Gott in den unmittelbaren
Dienst an verfolgten Geschwistern berufen, doch durch
unsere finanzielle Unterstützung können andere diese
wichtigen Aufgaben wahrnehmen. Wenn wir um die Not
von leidenden Geschwistern wissen und kein Erbarmen
haben, wie kann da Gottes Liebe in uns bleiben?
(vgl. 1 Joh 3,17)
Plötzlich erkennen wir, dass durch die Bedrängnisse
unserer Geschwister auch die Echtheit unseres eigenen
Glaubens auf dem Prüfstand steht.
Oft dreht sich unsere Fürsorge in erster Linie um Brüder
und Schwestern in den eigenen Gemeinden. Petrus zeigt
uns unsere Verantwortung für unsere Geschwister in der
ganzen Welt. Er fordert uns heraus, uns zu informieren
und sie mit Gebet und Gaben zu unterstützen, damit sie
in ihren schweren Prüfungen an Jesus Christus festhalten
und sogar im Leiden Freude und Geborgenheit erleben
können.
Mag. Renate Knaus, lic. theol.,
hat Wirtschaftspädagogik und
Theologie studiert. Sie gehört
dem Vorstand der Österreichi-schen
Bibelgesellschaft an.