12 ÖSTERREICH
BIBELSCHMUGGLER UND
GEHEIMPROTESTANTEN
Über 150 Jahre musste der evangelische Glaube in Österreich im
Geheimen gepflegt und weitergegeben werden. An Lutherbibeln zu
kommen, erforderte dabei viel Kreativität. Bis die Bibel von der
Illegalität ins Klassenzimmer durfte, war es ein weiter Weg.
Die Botschaft der Reformation hatte sich auch in
Österreich schnell ausgebreitet: Ein Jahrhundert
lang blühte lutherisches Leben ungehindert, fast ganz
Österreich war evangelisch. Doch ab den 1620er
Jahren war damit Schluss: Unter den katholischen
Habsburgern mussten Evangelische entweder kon-vertieren
oder Österreich verlassen. In der Zeit der
Gegenreformation war der Besitz von Bibeln oder
evangelischen Andachtsbüchern verboten. Wurden
sie entdeckt, drohten Geldstrafen, Gefängnis oder die
Zwangsumsiedlung nach Ungarn oder Siebenbürgen.
KREATIVE VERSTECKE
Da der evangelische Glaube nicht öffentlich gelebt wer-den
durfte, traf man sich heimlich auf Bauernhöfen und
las sich dort gegenseitig aus der Bibel und den Büchern
vor. Zwischen den Treffen wurden die Bibeln sorgfältig
versteckt, damit sie bei etwaigen Hausdurchsuchun-gen
nicht entdeckt wurden. Felshöhlen, hohle Bäume,
Holzstöße, Türschwellen, Doppelböden in Tischen,
Mauerspalten, Nischen hinter vorgetäuschten Hornis-sennestern
– es gab viele Verstecke für die besonderen
Bücher. Von zwei besonders kreativen Geheimfächern