9
IM GESPRÄCH
Der Tiroler Schlagwerker Manu Delago beherrscht das
seltene Instrument „Hang“ wie kein zweiter und spielt
weltweit bei Produktionen mit. Bei seiner „ReCycling-
Tour“ reisten sechs Musiker mit dem Fahrrad durch
Österreich. Um Abfall zu vermeiden, ließen sie sich von Fans
und der Lebenshilfe bekochen. Hannes Fankhauser spielte mit
der Ziehharmonika bei den Zillertaler Bahnhöflern und komponiert
auch eigene Instrumentalstücke. Martin B Bieber begeistert sich
für alle Arten von Musik. Er arbeitet im Kindergarten von Radfeld
und im Sommer im Recycling-Team der Lebenshilfe Brixlegg.
zwischen 30 und 120 Kilometern entfernt und die
Distanzen daher mit dem Rad bewältigbar waren.
HF: Ihr habt dabei auf Wegwerfgeschirr verzichtet.
Was habt ihr da erlebt?
Wir hatten uns Jausenboxen mitgenommen, die
wir täglich befüllen wollten. Vegetarisch, selbstgemacht,
abfallfrei, regional. Das haben wir alle
Fans wissen lassen. Darauf haben sich viele
nette Menschen gemeldet, die bereit waren, uns
eine Jause zuzubereiten. Das bedeutete sehr viel
Organisation, viele E-Mails, viele Telefonate. Aber
wir haben immer sehr gutes Essen bekommen,
hatten mehr als genug und wir konnten im Vergleich
zu Fertigessen viel Abfall vermeiden. Diese
Idee wollen wir weiterführen. Denn mit Hausgemachtem
und Übriggebliebenem kann man viel
Verpackung sparen.
MB: Hattet ihr Pannen auf der Tour?
Wir hatten platte Reifen, einen umgekippten
oder ausgehängten Anhänger. Wenn man mit
sechs Fahrrädern 1500 Kilometer fährt, passiert
halt einiges. Aber letztlich ist es ziemlich gut
gelaufen.
HF: Was habt ihr bei der Tour gemacht, wenn
ein Gewitter war?
Gewitter hatten wir nur eines, und da waren wir
Gott sei Dank schon am Ziel. Aber die Musiker
waren echt fit und hart im Nehmen. Denn es war
kein Urlaub, sondern ein harter Monat: sehr viel
Radeln, viele Konzerte, viele Videodrehs, wenig
Schlaf – und das bei jedem Wetter, denn Regen
gab es viel.
MB: Was für Wünsche und Ziele hast du noch?
Mit Blick auf die ReCycling-Tour wünsche ich mir,
dass man den Klimaschutz endlich ernst nimmt.
Da gibt es viel zu tun, und da muss gehandelt
werden, von ganz oben – von der Politik. Als
Musiker wünsche ich mir, dass ich weiterhin kreativ
bin und andere Menschen inspirieren kann,
damit wir gemeinsam wieder schöne Konzerte
erleben.
HF: Ich spiele mit meiner Ziachorgel ohne Verstärker.
Spielst du immer ohne Strom, Manu?
Ich spiele eigentlich oft mit Strom. Aber jetzt
habe ich viele Konzerte mit einem akustischen
Ensemble gespielt. Das heißt, alle Instrumente
erzeugen ihren Klang aus sich selber. Aber auch
wir brauchen Mikrofone und Verstärker, weil wir
gern vor größerem Publikum spielen. Auf der
ReCycling-Tour haben wir allerdings Strom aus
Solarpaneelen in Akkus geladen. Damit wurde
die Lichtanlage aus der Sonne gespeist.
MB: Wie hast du den Lockdown überstanden?
Im ersten Lockdown habe ich die Ruhe ohne
Tourneen geschätzt. Ich habe mich ausgeruht
und regeneriert. Später habe ich neue Musik
komponiert, ein Album aufgenommen. Ich bin
raus in die Natur, wandern, klettern, Rad fahren
gegangen. Mir ist nie fad geworden.
HF: Freust du dich auch, dass wir wieder musizieren
und damit Menschen glücklich machen
dürfen?
Auf jeden Fall, da kann ich dich gut verstehen!
Das habe ich auch vermisst. Die Streaming-Konzerte
sind als Überbrückung ganz nett, aber nicht
das Wahre. Daher freue ich mich auch, jetzt wieder
Konzerte vor Leuten zu spielen.
MB: Du lebst in London und tourst durch die
Welt. Was schätzt du an Tirol?
Seitdem ich in London lebe, habe ich Tirol noch
mehr schätzen gelernt. Dass man hier das Leitungswasser
trinken kann und eine gute Luft
zum Atmen hat, dass es ruhige Rückzugsorte in
der Natur gibt. Das sind Dinge, die wir für selbstverständlich
halten, die aber nicht überall auf
der Welt so sind. Auch dass viele Menschen hier
ein Dach über dem Kopf haben, dass man keine
Angst haben braucht, wenn man auf die Straße
geht. All das ergibt eine gute Lebensqualität.
Tirol ist mein Lieblingsurlaubsziel und ich verbringe
hier viel Zeit in den Bergen. Trotzdem:
Ich bin auch froh, in der Welt herumgekommen
zu sein und verschiedene Länder gesehen zu
haben. Da wird man offener und lernt, die Welt
aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Aber
ich komme immer wieder gern zurück.
In Clubs und
bei vielen Konzerten
gibt es
noch Getränke
in Einwegflaschen.
Wir haben
mit unserer
ReCycling-Tour
einige Menschen
angeregt
und Beispiele
gegeben, die
andere nachahmen
können.
Manu Delago