✛ Gebärdensprache
Frohbotschaft sichtbar machen
Die „Visuelle Bibel“ vibi soll das Evangelium für jene gehörlosen Menschen erschließen,
die auf anderem Weg nur schwer Zugang zur Frohbotschaft hätten. Seit September 2015
bietet vibi über das Internet ausgewählte Bibelstellen in Gebärdensprache, einfachem Text
und graphischer Darstellung an.
16 | die Bibel aktuell
Die Österreichische Gespärdensprache (ÖGS)
Die ÖGS kombiniert manuelle Zeichen der Handstellung
und -bewegung mit Mimik, Mundbild und Körperhaltung.
In Österreich leben 9.000 bis 12.000 gehörlose und
hochgradig schwerhörige Menschen. Heute ermöglichen
oft Hörimplantate ertaubten Menschen und gehörlos
geborenen Kleinkindern zu hören und auditiv zu kommunizieren.
Gehörlose, für die das nicht möglich ist,
sind auf Gebärdensprache, Lippenlesen oder schriftliche
Kommunikation angewiesen; manche andere nützen
visuelle und auditive Kommunikation gemeinsam.
Für den Neurologen und Psychiater Johannes Fellinger
ist das Wort Gottes ein Schatz, an dem er
auch seine Patienten teilhaben lassen möchte. Der
Primar des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie
am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
in Linz leitet das dortige Gesundheitszentrum für
Gehörlose. Dort fi nden jene gehörlosen Patienten
medizinische, psychologische und soziale Betreuung,
die in Gebärdensprache kommunizieren. Die
meisten der Patienten leben im Alltag gesellschaft lich
integriert. Für einige Taubblinde und Gehörlose mit
zusätzlicher Beeinträchtigung bedarf es adäquater
Betreuungsangebote. Einen solchen Lebensraum
bietet der katholische Orden seit 1999 in der „Lebenswelt“
in Schenkenfelden in Oberösterreich. Dem
von Primar Fellinger initiierten Projekt folgten zwei
weitere „Lebenswelten“ in Pinsdorf und im niederösterreichischen
Wallsee.
Mittelpunkt des Zusammenlebens in den „Lebenswelten“
bilden Evangelium und Vorbild Jesu. In den Lebenswelten
leben und beten Angehörige verschiedener
Glaubensrichtungen und Religionen miteinander.
„Selbst, wenn jemand nichts glaubt und nur die soziale
Dimension der Geschichten wahrnimmt, gewinnt er
mit den Jesus-Geschichten“, freut sich Fellinger.
In der Sprache der Menschen
Für die Bewohner der Lebenswelten ist es aufgrund
ihrer mehrfachen Einschränkungen weder möglich,
das Wort Gottes zu hören, noch es zu lesen. „Wenn
wir bei der Andacht die Geschichten von Jesus erzählen,
dann ist er da. Es ist unglaublich, wie das
Erzählen der Geschichten von Jesus eine Atmosphäre
schafft , die auch Menschen spüren, die das alles nicht
logisch verstehen.“ Wie im Alltag nützen Bewohner
und Betreuer der Lebenswelt auch in der Andacht die
Gebärdensprache ÖGS. Jeden Freitag erzählt dabei
der jeweilige Leiter der Andacht das Evangelium des
kommenden Sonntags. Die Erzählungen in ÖGS
werden zeichnerisch weiter verdeutlicht.
„Ich erzähle die Geschichten
von Jesus, weil ich die
Evangelien so gerne lese!“
PRIM. PRIV.-DOZ. DR. JOHANNES FELLINGER
Das Schiff ist am See. Es ist Nacht und es geht ein starker Sturm.
Plötzlich kommt eine Person zu dem Schiff! (Alle Bilder: Johannes Fellinger)