UKRAINE 15
Blick auf die Altstadt von Lemberg/Lwiw. Foto: istock
Korruption und Misswirtschaft haben viele Arbeitsu-chende
ins Ausland gedrängt.
AUTHENTIZITÄT, VIELFALT UND GAUMENFREUDEN
Die Ukraine ist ein wunderbares, kulturreiches und char-mantes
Land. Lemberg oder Lwiw, die wichtigste Stadt
der Westukraine, ist mindestens so schön wie Prag, Salz-burg
oder Graz. Lemberg und auch Czernowitz sind fast
nicht zerstört worden und für übertriebene Barockum-bauten
war kein Geld da. Alle Renaissance-Juwelen sind
erhalten geblieben. 1998 ist das historische Zentrum der
Stadt Lemberg in die Liste des Weltkulturerbes aufge-nommen
worden. Beim Lustwandeln in der überschauba-ren
Altstadt stolpert man alle paar Meter über groß-artige
Sehenswürdigkeiten. Zahlreiche Kaffeehäuser,
Konditoreien und Restaurants preisen ihre Dienste an.
Den großartigen Borschtsch und die unbeschreiblichen
Pyrohy, auch Warennyky genannt, müssen Sie unbedingt
probieren. Zur ukrainischen Esskultur haben sich auch
jüdische, asiatische und kaukasische Rezepte dazuge-sellt.
Nicht nur das „Wiener Kaffeehaus“, welches seit
200 Jahren einen fixen Platz einnimmt, sondern auch die
Theater, Konzertsäle und das Opernhaus, alle noch von
den Österreichern erbaut, befinden sich in unmittelbarer
Nähe. Vom Hügel Vysokyj Zamok aus erlebt man Lem-berg
aus der Vogelperspektive. Das Glockengeläut der
vielen historischen Kirchen klingt besonders schön, wenn
der Abendwind aufkommt.
JÜDISCHE WURZELN & ÖSTERREICHISCHES ERBE
Nach Lemberg ist ein Besuch in Czernowitz zu empfeh-len.
Nehmen Sie sich dafür Zeit. Unterwegs durchqueren
sie wunderschöne Städtchen und Dörfer und können
dabei das Karpatenvorland genießen. In einem versteck-ten
Park können Sie eine über zwei Meter hohe Statue
des Kaisers Franz Joseph bewundern. Erst vor wenigen
Jahren wurde sie aufgestellt, weil für die Bukowiner die
Österreicher wahrscheinlich die liebsten Eroberer waren.
Um Czernowitz zu beschreiben, fehlen die Worte. Viele
Völker haben kulturelle Spuren hinterlassen. Prunkstück
ist die ehemalige deutsche Universität. Jüdische, ruthe-nische,
rumänische und deutsche Geschichte wurde hier
geschrieben. Nirgendwo in der Welt haben die einzel-nen
Völker und Konfessionen so friedlich zusammenge-lebt.
Vergessen Sie nicht den riesigen jüdischen Fried-hof
am Berg zu besuchen. Er wird Ihnen unvergesslich
bleiben.
Pfarrer i.R. Viktor
Kurmanowytsch war von
1994 bis 2007 Seelsorger
der Ukrainisch-katholi-schen
Pfarre St. Barbara
in Wien. Er war oft Rei-seleiter
bei Biblische
Reisen. Foto: privat