DIE BIBEL IN DER UKRAINE 05
Die christliche Journalistin Diana
Dudchenko postete dieses Foto der
neuen ukrainischen Bibelübersetzung
auf ihrer Facebook-Seite.
Foto: Bibelgesellschaft in der Ukraine
Etwa drei Stunden südlich von Kiew befindet sich
das „Haus der Gnade“. Angrenzend an Kürbis- und
Kartoffelfelder steht das langgestreckte Gebäude neben
Ställen voller Ziegen, Schweine und Kühe. Hier lebt man
weitestgehend autark. An der Rückseite zeigt sich das
Leben der Bewohner des Hauses. Zwischen alten Autos
und Ersatzteilen stehen Rollstühle, daneben der Wäsche-ständer.
Mittendrin spielen ein paar grauweiße Kätzchen
in der Herbstsonne.
EINE INTENSIVE BEGEGNUNG
Sergei erwartet mich schon. Mit Hilfe seiner Krücken
steht er auf. Freundlich und entschlossen führt er mich
ins Innere des Hauses. Plötzlich stehe ich unmittelbar vor
den Bewohnern eines Vierbettzimmers. Den Menschen
hier geht es schlecht, einige sind bettlägerig und ver-bringen
die meiste Zeit ihres Lebens hier. Sergeis Leben
ist mit dem Leben der Bewohner eng verflochten. Seit
Jahren kümmert er sich gemeinsam mit drei Helfern um
die Menschen. Der einstmals kriminelle Sergei hat eine
große Veränderung hinter sich, seit er beschlossen hat,
einen Weg aus der Kriminalität zu finden und Gott zu
dienen.
EIN LANGER WEG
Viele Bewohner des Hauses litten unter Drogenproble-men.
Auch Sergei ist diese Erfahrung nicht fremd. Vor
20 Jahren wachte er eines Tages in einem Müllcontainer
auf der Straße auf. Sein ganzer Körper schmerzte, seine
Verletzungen waren das Resultat einer Prügelei mit der
Polizei, in deren Verlauf Sergei einem Polizisten den Kie-fer
gebrochen hatte. Er schaffte es, aus dem Container
zu klettern und blieb am Boden liegen. Durch Zufall fand
ihn ein Passant und sorgte dafür, dass Sergei ins Kran-kenhaus
kam. So war Sergeis Leben damals, sein Alltag
geprägt von Drogen, Kriminalität und Ausweglosigkeit.
Im Krankenhaus hatte er Zeit, über sein Leben nachzu-
>>
„
ICH DACHTE,
WOFÜR SOLLTE ICH
SCHON BETEN?
SERGEI
DIE UKRAINISCHE BIBELGESELLSCHAFT
Das Leben in der Ukraine mit ihren ca. 42 Millionen
Einwohnern ist schwierig, die Lebenserwartung gehört
zu den niedrigsten im europäischen Raum. Die Bibel-gesellschaft
will den Menschen einen Zugang zur Bibel
ermöglichen und hat dafür vielfältige Projekte ins Le-ben
gerufen. So werden Familien in Krisensituationen,
die sich seit Beginn der COVID-19-Pandemie verstärkt
haben, mit biblischen Schriften versorgt. Auch für Ge-fangene
stellt die Bibelgesellschaft Bibelausgaben zur
Verfügung. Seit 2014 gibt es Projekte, die Menschen,
die vom Konflikt im Osten des Landes betroffen sind,
unterstützen.
Die Ukrainische Bibelgesellschaft wurde 1991 gegrün-det.
Drei Viertel der Bevölkerung bezeichnen sich als
„orthodox“. Im Jahr 2019 wurde die „Orthodoxe Kirche
der Ukraine“ als autokephale Kirche neu gegründet, was
zu Spannungen mit dem Patriarchat von Moskau, dem
die weiterhin bestehende „Ukrainisch-orthodoxe Kir-che
des Moskauer Patriarchats“ untersteht, führte. Im
Westen der Ukraine gibt es Gemeinden der Ukrainischen
Griechisch-katholischen Kirche. Im Land sind auch Frei-kirchen
aktiv, vor allem Baptisten und Pfingstler.
Im Dezember 2021 besuchte der Premierminister der
Ukraine, Denys Schmyhal, die Bibelgesellschaft und
lobte deren Arbeit: „Ihre Arbeit hat es vielen Ukrainern
ermöglicht, mit Gottes Wort in Kontakt zu kommen.
Danke, dass Sie unser Land mit Ihrer Arbeit bereichern!“